November 07, 2005

jetzt

Jetzt, in dieser Minute, beginnt seine Prüfung. Jetzt haben sie ihn begrüßt, ihm vielleicht schon die erste Frage gestellt. Jetzt.Vorhin, als er ging, wusste ich nichts zu sagen. Viel Glück, Hals- und Beinbruch, du schaffst das, ich bin bei dir, du kannst das. Nichts davon hab ich gesagt.

Es ist die Eintrittskarte in einen neuen Abschnitt. Ein Ja-Wort für die Zukunft. Eine Erlaubnis, mit Gewährung. Sie sagen ihm, was er dann auf sein Schild schreiben darf. Dann. Aber jetzt. Jetzt redet er, fünfundvierzig Minuten lang redet er über Unendliches. Er wird es abarbeiten. Die Listen, Tabellen, Definitionen hersagen, das Gewusste darbieten, sich verkaufen, von sich geben und sich hoffentlich vergeben, sollte dieses eine Detail ihm tatsächlich entfallen sein.
Jetzt. Ich kann nichts tun. Vorhin wollte ich noch eine Kerze anzünden. Mich in Gedanken zu ihm setzen mit den Karteikarten. Keinen Fuß werde ich vor die Tür setzen können, um ihm entgegen zu gehen. Vor dem Amt auf ihn warten, ihn begrüßen, mit Blumen, mit einem Geschenk?

Er war fröhlich heut morgen, mit einem seltenen Lächeln auf den weichen Lippen. Mit schweren Schritten ging er durch das Küchenzimmer. Ich holte den Anzug aus den Plastikhüllen der Reinigung. Das blaue Hemd roch frisch. Er hatte den Bart rasiert, nicht das Gesicht.

Ob er sich wohl fühlt. Bleibt er im Fluss. Wohlwollen? Gemeine Fragen? Fallen? Jetzt. Noch fünfzehn Minuten. Meine Finger starr und kalt. Ich habe kein Fest vorbereitet. Übertreibe ich. Soll ich ihn anrufen, dann? Was ihn fragen. Wie war es. Hattest du Angst.
Vier Minuten nach elf. Jetzt. Die vorletzte Frage. Das Wichtigste ist gelaufen. Jetzt gilt es, den Abschluss zu finden. Vielleicht die Krönung, vielleicht etwas ausbügeln, noch einmal den Bogen spannen. Gewissheit. Hat er sie schon.

Ich sitze gelähmt, ein Rausch. Ich bin keine Mutmacherin. Das musste ich jetzt abgeben. Da konnte ich nichts mehr tun. Er hat eine Kraft, von der ich nichts ahne. Ich hoffe nur das eine: dass sie ihm nicht dumm gekommen sind. Das irritiert ihn am meisten. Jetzt. Zehn Minuten nach elf. Die letzte Frage. Vielleicht reden sie schon ausgelassen. Er kann charmant und unmerklich einladen. Zu Konfrontation. Doch und das zu allererst zum Gespräch, zum Hin und Her der Argumente. Er lässt sich nicht abfragen.

Noch eine Minute. Jetzt schließen sie die Mappen. Werden sie sofort die Note wissen oder erst über sie beraten. Vielleicht ist es besser, dass ich ihn dort nicht abhole, erwarte.
Eine Uhr zeigt 11.12 h, die andere 11.16 h, die dritte sagt 11.14 h. Er wird mich anrufen, wenn er zum Auto geht. Wird mich nicht warten lassen. Noch länger.

11.20 h - gerade parkt er ein vor dem Haus.


Keine Kommentare: